Er war einer der Besten im katholischen Internat in Sizilien und kurz vor der Karriere als Profi-Fußballer. Aber weil er Geld verdienen musste, wurde er vom Arbeitsamt nach Deutschland vermittelt. Ein Glück für Bischofsheim; denn mit ihm kamen Pizza und Pasta auf den Speiseplan und aus dem unbekannten „Gastarbeiter“ Antonio Santoro wurde der allseits bekannte Gastronom Toni. Zuletzt erzählte er seine Geschichte bei einer Veranstaltung der „Interkulturellen Woche“ im Museum und danach verabredeten wir uns noch einmal zum Gespräch.
Toni sitzt mir in schwarzer Hose und im weißen Hemd gegenüber. Der Duft von Rasierwasser und Herrenparfum umgibt ihn. „Das ist meine Arbeitskleidung“, sagt er stolz, „und fühle mich immer sehr wohl dabei.“ Mit 72 Jahren kellnert er immer noch, „eher als eine Art Freundschaftsdienst“, jeden Dienstagabend in der „Osteria Vecchi Amici“ in der Kasteler Straße. Aber der Reihe nach: Er stammt aus „einfachen Verhältnissen“ im südlichsten Italien, Vater Maurer, Mutter Hausfrau, ein jüngerer Bruder. Immerhin erhielt er jahrelang ein staatliches Stipendium für die Schule in Höhe von 300.000 Lire, bis zum Abitur 1970.
La dolce vita in Bischofsheim
Noch immer suchte Deutschland Arbeitskräfte aus dem Ausland und so ging es nach einer strengen Gesundheitsprüfung von Verona nach München. Mit seinem Freund Francesco wurde er an die MAN in Gustavsburg vermittelt. Als die beiden im Bahnhof Mainz ankamen, begrüßte sie eine Dolmetscherin mit den Worten: „Seid ihr die beiden Italiener?“ Und lud sie in den nahegelegenen „Wienerwald“ zu „Backhendl“ ein. Apropos Esskultur: Wenn Toni Frühschicht hatte, war er abends bei Onkel Calogero und „Mama Flora“ eine große Hilfe in der „Krone“, dem früheren Wirtshaus „vom Wiesenecker“. Die neapolitanische Familie Calia war fast zehn Jahre Pächter, bevor Toni am 1. März 1982 zusammen mit den zwei Töchtern des Onkels den Laden übernahm. Und von da an wurde das kulinarische Angebot im Ort vielfältiger.
Vino und Pane kamen vom Großhandel, die Tortellini waren selbstgemacht und wurden erstmals mit Sahne serviert statt der üblichen Tomatensoße. Weil die „Bischemer“ gerne Fleisch essen, kam „Scaloppine in Weißwein“ hinzu. Auf Nachfrage von Italien-Urlaubern gab es neben Gelati sowie Tiramisu und „La dolce vita“ hielt Einzug ins Hessische. Aus der „Pizzeria Italia“ wurde das „Ristorante Toni“ und später an anderer Stelle das „Rossini“.
Italiener trifft Spanierin, eine Fügung der privaten Art
Zuvor setzte Toni noch eine folgenreiche Idee in die Tat um: Im Saal des ersten Stocks fanden musikalische Abende der italienischen Community statt. Dass das Bedürfnis zusammenzukommen auch die spanischen Zugewanderten nach Bischofsheim führte, war für Toni eine Fügung der privaten Art. Pilar Vazques-Gonzales kam, er sah sie und die Liebe nahm ihren Lauf: 1975 wurde geheiratet, es folgten zwei Söhne und zuletzt zwei Enkel.
Toni erinnert sich gerne an seine Stammgäste, mit denen er auch schon mal plauderte. Die Jungsozialisten gingen bei ihm aus und ein und die Startbahn-Gegner bekamen auch noch nach Mitternacht eine „Combinazione“. Oft ging es aber um Fußball; denn Toni stand jahrelang im Tor, trainierte bei den „Sportfreunden“ und „wenn es nach dem Hunde Fritz gegangen wäre, hätte ich auch in der ersten Mannschaft gespielt.“ Und dann verabschiedet er sich, um zugleich noch mit dem Handy eine Tischreservierung für den Abend zu bestätigen.
Professor Dr. Wolfgang Schneider
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