Die Ginsheimer Mäuseoma

Weihnachtswunsch einer Dame, die bald 89 wird

Weihnachten ist auch die Zeit von warmherzigen Geschichten rund um das Teilen, Schenken und Versöhnen. Manche sind passiert, andere wahr und einige frei erfunden. Die Geschichte der Ginsheimer Mäuseoma, zu der mich der ehemalige Bürgermeister Thies Puttnins-von Trotha animierte enthält von allem etwas: Genauso trug sie sich im Altrheinörtchen zu, die Botschaften sind wahrhaftig und der Name „Mäuseoma“ ist frei erfunden. „Ich möchte anonym bleiben“, sagte mir die Protagonistin, „denn wer meine Mäuse kennt, weiß sowieso, um wen es sich handelt“, so die Mäuseoma, die insgeheim auf ein Happy End ihrer „Weihnachtsmaus-Geschichte“ hofft.

 

Über 75 Jahre ist es her, dass unsere Mäuseoma den Beruf der Herrenschneiderin lernte. Ein Handwerk, dass die bald 89-jährige dazu befähigte, mit Nadel und Faden, Stoff und Stopfmaterial Minikuschelmäuse zu fertigen, bei denen man kein Stopfloch sieht. „Alles begann mit der Kindergottesdienstmaus“, erinnert sich die Mäuseoma. „Jeder Taufling bekam eine Maus.“ Die Freude der jungen Menschen, die eine Maus erhielten inspirierte die Dame auch außerhalb von Taufen, ihre selbstgenähten Mäuse zu verschenken. „Ich engagierte mich viel sozial und brachte Menschen, mit denen ich zu tun hatte auch mal eine Maus mit“, erinnert sich die Mäuseoma. Weil die Freude über das Mausgeschenk stets groß war, sorgte die Dame auch für spontane Begegnungen vor. „Um auf Nummer sischer zu gehn hatte ich immer fünf Mäuse in de Dasch. Ich verschenkte sie uff de Straß oder im Seniorenheim. Einmal bedankte ich mich bei einem Busfahrer mit einer Maus für die angenehme Heimfahrt und rührte ihn damit zu Tränen“, erinnert sich die Mäuseoma, die den Menschan natürlich auch in der Weihnachtszeit eine Freude machen wollte. So entstand die Ginsheimer Weihnachtsmaus: Handgeferigt, kuschlig-weich und ohne sichtbares Stopfloch. „Herrenschneider lernen halt, wie so etwas geht“, sagt die Mäuseoma bescheiden.

 

„Über 18 Jahre nähte die Dame die Weihnachtsmaus und fragt seit längerem herum, ob nicht irgendjemand das adventliche Nähprojekt fortsetzen wolle. „Leider kann ich nicht weitermachen, weil meine Hände nicht mehr mitspielen“, sagt die Mäuseoma traurig. Bis heute habe sie niemanden gefunden, der Interesse zeigte sich die Fertigung der Mäuse anzuschauen. „Sehr gerne hätte ich mein Wissen weitergegeben, damit jemand die Tradition der Ginsheimer Weihnachtsmäuse fortführt. Aber leider finde ich niemanden und bin kurz davor meine Suche aufzugeben.“, so die Dame, die gerade ihre letzten Weihnachtsmäuse verschenkt. Mit Blick auf die Weihnachtszeit nimmt sie jedoch auch ein Licht der Hoffnung wahr: „Vielleicht passiert ja durch den Zeitungsartikel ein kleines Weihnachtswunder und die Weihnachtsmäuse kehren doch zurück“, denkt sich die Mäuseoma heimlich.

 

Wer weiß, um wen es sich handelt, darf sich gerne bei der sympathischen Dame melden. Gerne stellt die Redaktion auch den Kontakt her.

Axel S.



22.12.2022