Ilse Horst erhält an ihrem 100. Geburtstag, zwei Tage vor 2023, den Bischofsheimer Kalender und die Glückwünsche der Evangelischen Kirche von Pfarrerin Katharina Meckbach und die des Ersten Beigeordneten ihrer „neuen“ Gemeinde Bischofsheim, Professor Dr. Wolfgang Schneider.
Als sie das Licht der Welt erblickte, war Friedrich Ebert Reichspräsident, ihre Mutter konnte als Frau erstmals an einer Wahl teilnehmen und ihre Familie hatte unter den Folgen des Ersten Weltkriegs zu leiden: Ilse Maria Horst, geborene Schulze, feierte am 30. Dezember 2022 bei bester Gesundheit ihren 100. Geburtstag. Geboren wurde sie in Ginsheim, einige Zeit lebte sie in Gustavsburg, seit kurzem verbringt sie ihren Lebensabend im Seniorenpark Bischofsheim – eine Biografie wie geschaffenen für das, was die drei Orte im gemeinsamen Namen verbindet: die Mainspitze.
Die kleine Grande Dame steht bei meinem Kommen im Kreise von Freundinnen und Verwandten inmitten des Gastraums ihres Lieblingsitalieners „Mediterraneo da Mimmo“ und hält Hof, präsent und plaudernd. Um die Ecke hat sie zuletzt gewohnt, dazwischen im Café beim Bäcker war ein beliebter Treffpunkt und doch hat sie sich entschlossen, noch einmal umzuziehen. Interessiert und dankbar nimmt sie die Glückwünsche und Geschenke entgegen, die ich für die Gemeinde überbringen darf. Und sofort sind wir im Gespräch. „Wissen Sie, ich war vier Wochen zur Probe im Pflegeheim“, und mit einer Träne im Auge verkündet sie: „Und ich bleibe!“ Dort hoffe sie auf einen guten Service, Sicherheit und Geselligkeit. „Ich mach‘ da auch mit, aber Kurse mit Kochen und Malen werde ich nicht belegen.“
Ilse Horst erinnert sich an ihrem Ehrentag („… denn der Kopp ist noch klar“) gerne auch an ihre Zeit in der Volksschule, an die Konfirmation am Altrhein und die Hochzeit mit Wilhelm Horst, dem sie nach Bochum gefolgt ist, als dieser 1962 bei Opel Betriebsleiter wurde. Danach haben beide ein Haus im Westerwald bezogen und hatten eine schöne Zeit, auch mit „unserem Rentnerclub im Freibad“. Gemeinsame Reisen führte sie, bis ihr Mann 2002 verstarb, nach Bayern, „sehr viel in die Schweiz“, wo sie Berge und Seen genießen konnten („… denn damals war ich noch gut zu Fuß“).
Von ihrer Festgesellschaft erfahre ich, dass die Jubilarin all die Zeit großen Wert auf ihr Äußeres gehalten hat. Ja, ich konnte es sehen, schwarze Hose, weiße Bluse und eine karierte Jacke waren neu. Jedes Jahr gäbe es ein neues Outfit zum Geburtstag: „Es könnt ja jemand sehen“, sagt sie darauf angesprochen mit einer Portion Selbstbewusstsein, „dass ich was Altes trage!“ Aber das Wichtigste sei die Gesundheit. Corona habe sie ohne großes Leid überlebt. Und so hoffe sie auf ein weiterhin gutes Leben. Das war es auch, was ich ihr zum Abschied von Herzen gewünscht habe.
Wolfgang Schneider
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