Mit einem ungewöhnlich offenen und emotionalen Video wendet sich Bischofsheims Bürgermeisterin Lisa Gößwein an die Bürger – und löst damit eine breite Debatte aus.
Unter dem Titel „Es muss raus! #frust #haushalt #kommunalpolitik“ schildert sie auf Social Media in rund 13 Minuten ihre tiefe Frustration über die festgefahrenen Haushaltsverhandlungen der Gemeindevertretung. In Strickjacke, leicht übernächtigt und mit ihrer jammernden Katze im Hintergrund, erreichte Lisa bislang über 12.000 Aufrufe.
„Wir sparen an der falschen Stelle“
Seit Oktober 2024, so Lisa, werde über den Haushalt diskutiert – ein Beschluss sei jedoch nicht in Sicht. Besonders verärgert zeigt sie sich darüber, dass bei freiwilligen Leistungen gekürzt werde, die direkt den Bürgern zugutekommen: Repräsentationskosten, kleine Aufmerksamkeiten für Ehrenamtliche, Spenden an die Tafel oder Veranstaltungen für Senioren und Kinderbetreuungseinrichtungen. Der strittige Kürzungsvorschlag beläuft sich laut der Bürgermeisterin auf gerade einmal 20.000 Euro – bei einem Gesamtbudget von rund 42 Millionen Euro.
Politische Spielchen statt Lösungen
Die Bürgermeisterin kritisiert in ihrem Video auch, dass die Gemeindevertretung nicht bereit sei, eigene Entschädigungen in Höhe von insgesamt 55.000 Euro zu kürzen. Ebenso ärgerlich: Sperrvermerke auf Personalstellen, die laut Lisa Gößwein die ohnehin belastete Verwaltung zusätzlich lähmen. Auch dringend notwendige Investitionen – etwa barrierefreie und größere Beratungsräume in der Ulmenstraße (Böcklersiedlung) – würden zerredet. Selbst die Anzahl von Steckdosen werde dabei diskutiert.
Reaktionen: Zwischen Zuspruch und Kritik
In den sozialen Netzwerken stieß Lisas ungewöhnlich persönlicher Auftritt auf ein breites Echo. Viele Nutzer lobten ihren Mut und ihre Ehrlichkeit. Ein junger Kommunalpolitiker schrieb: „Dein Frust zeigt, dass dir was an der Sache liegt – und das ist keine Schwäche, sondern Stärke.“ Andere bezeichneten das Video als „authentisch und menschlich“.
Doch es gab auch kritische Stimmen. Einige warfen der Bürgermeisterin vor, das Ehrenamt der Gemeindevertreter zu missachten. Ein Kommentar betonte: „Der Haushalt wurde nicht wegen Sparvorschlägen blockiert, sondern weil Fraktionen – auch die SPD – kurz vor Schluss neue Forderungen wie die Freistellung von Kitagebühren eingebracht haben.“ Auch der starke Anstieg der geschätzten Umbaukosten für das Bürgerbüro in der Ulmenstraße – von ursprünglich 80.000 Euro auf 250.000 Euro – sorgte für Unverständnis: „Sie wundern sich über Nachfragen – ernsthaft?“
Interesse an Lokalpolitik steigt
Trotz – oder gerade wegen – des Streits, scheint das Interesse an kommunalpolitischen Abläufen zu wachsen. In den Kommentaren wurde auch darüber diskutiert, wie und wo man Sitzungstermine der Gemeindevertretung findet. Nutzer verlinkten gegenseitig entsprechende Informationen – ein Zeichen dafür, dass die Debatte auch zur politischen Teilhabe anregen kann.
Mit ihrem ungewöhnlich direkten Video warf Lisa Gößwein ein Schlaglicht auf die Konflikte in der Bischofsheimer Kommunalpolitik. Zwischen persönlichem Frust, öffentlichem Druck und politischen Machtspielen stellt sich die Frage: Wie lässt sich in Zeiten knapper Kassen ein handlungsfähiger und solidarischer Haushalt aufstellen – ohne das Vertrauen in Politik und Verwaltung weiter zu gefährden?
Axel S.
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