Wir treffen uns am Tatort. Dort wo der historische Heimatkrimi „Die Kraft des Stromes“ spielt, in der Schiffsmühle Ginsheim. Und wenn der Rhein von einem Motorfrachter durchpflügt wird, dann wackeln Holzbau und Wasserräder. „Wir sind auf hoher See“, sagt Jochen Frickel mit einer Portion Humor, den er auch in unserem Gespräch gerne pflegt. Eine andere Eigenschaft, geradezu eine Leidenschaft, ist das Schreiben. Sein viertes Buch führt uns zusammen, welches er zuletzt im „Kunstwürfel“ vorgestellt hat. Mit Augenzwinkern nennt er sich im 80. Lebensjahr selbst „Deutschlands ältesten Nachwuchsautor“.
Geboren ist er in der Nachkriegszeit in Darmstadt, weil seine Mutter einen beheizten Kreißsaal im kalten Winter bevorzugte und dafür Briketts mitbringen musste. Von der Grundschule in Bischofsheim ging es ins Immanuel-Kant-Gymnasium und als ich zusammen mit seinem Bruder Thomas, meinem Schulfreund, dort in die Sexta kam, war er schon in der Unterprima. Danach habe er „rumstudiert“, verbrachte die „wilden 68er Jahre“ mehr auf der Straße als im Seminar. Mit einer Ausbildung zum mathematisch-technischen Assistenten bekommt er eine Anstellung bei der Firma Hoechst und wird im Laufe der Jahrzehnte IT-Spezialist.
Heimat mit Historie
Und dann kam die Rente und die Muße zu schreiben. Weil er von der Rekonstruktion der Schiffsmühle so begeistert war, recherchierte er zu diesem Wunderwerk der Technik. 2016 erschien sein erstes Buch „Die Kraft des Stromes“. Hinter dem „historischen Heimatkrimi“ verbirgt sich ein Szenario des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Vieles ist real, einiges fiktiv. „Und damit das jemand liest, braucht es Mord und Totschlag!“ Jochen Frickel erzählt vom Auffinden der Leiche eines Müllermeisters, der zerquetscht von den Zahnrädern im Mahlstuhl gefunden wird, und lässt den Ortspolizisten und einen „Kommissär“ ermitteln. Ganz nebenbei gewährt er Einblicke in die große Zeit der Schiffsmühlen und setzt ihnen ein Denkmal.
Als Autodidakt entwickelt er eine Idee, die Handlung und einige Figuren, schreibt mehr oder weniger chronologisch, erhält als Autor Anregungen von Frau und Tochter und Korrekturen vom Lektorat. Auf der Mainzer Buchmesse findet er einen Verlag in Köln. Band zwei erscheint als „Polit-Thriller“ über den sogenannten „Wiesbadener Prinzenraub“, trägt den Titel „Villa Clementine“ und spielt 1888 in Belgrad, Wien sowie in der hessischen Kurstadt rund um die serbische Königsfamilie. Es folgt „Das Wettrennen der Fichtenstämme“ als drittes Werk, das erneut in einer längst vergessenen Zeit angesiedelt ist, von den Flößern auf dem Main, die in Kostheim ihre Fracht aus dem Frankenwald an die Holzhändler verkauft haben.
Lesung mit Piano
Derzeit tourt er mit „Goldgrund“ von Lesung zu Lesung. Er nennt das Buch die „Kornsand-Trilogie“, weil drei Zeitereignisse dramaturgisch miteinander verbunden werden und allesamt an einem Ort spielen, an der Rheinfähre Landskrone nach Nierstein. Es geht um die Landung eines Zeppelins, Hinrichtungen in den letzten Kriegstagen und eine moderne Liebesgeschichte. Mit dem Rad hat Jochen Frickel immer wieder die dortigen Gedenksteine besucht, vom Vater Kriegerlebnisse literarisch verarbeitet, alte Dokumente und Fotos gesichtet und daraus eine spannende Spionagegeschichte mit Schatzsuche gestrickt. Wenn er daraus liest, dann begleitet er sich auch gerne selbst am Piano. Auch das hat er sich selbst beigebracht, auf dem Klavier der Großmutter.
Mittlerweile ist Jochen Frickel stellvertretender Vorsitzender des Schiffsmühlenvereins, wie er sagt: „ein Vorstand ganz in der Hand von Ehrenamtlichen aus Bischofsheim“. Der bekennende Krimi-Leser schreibt derweil weiter, die nächsten 300 Seiten.
Professor Dr. Wolfgang Schneider
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