Erfunden haben sie es nicht, die Italiener, aber sie dominieren den Verkauf von Eis. In Bischofsheim war es Berta Wiesenecker, die neben der Evangelischen Kirche schon in den 1950er Jahren kleine Bällchen Gefrorenes aus einem Fenster ihres Gasthauses angeboten hat. Ab dem 1. Mai 1961 waren es Florindo und Silvana Da Ros, die in der Schulstraße mit einer „Eis-Diele“ eine mittlerweile nicht mehr wegzudenkende Tradition begründeten. Mit dem Ehepaar Arduino Stringher und Gabriela Amadio wurde Mitte Februar 1981 daraus ein „Eis-Café“, seit ein paar Jahren durch Tochter Laura Stringher mit ihrem Mann Denis Da Vecchio eine „Eis-Manufaktur“.
„Venezia“ klingt nach „Dolce Vita“
Von Anfang an hieß die Gelateria „Venezia“, obwohl die Familie aus den Dolomiten stammt. Aber die meisten der mehr als 5000 Eis-Cafés in Deutschland tragen diesen Namen der Lagunenstadt wie eine Marke, zumindest dient es dem Marketing von Dolce Vita, dem süßen Leben. Dabei war es die befürchtete Arbeitslosigkeit, die den 18-jährigen Arduino zu Freunden der Eltern nach Rüsselsheim führte. Eine Saison hat er dort gelernt, Eis zu verkaufen, weitere Erfahrungen in anderen Eis-Cafés gesammelt und zusätzlich abends Deutsch gelernt. „Dann habe ich mich reif gefühlt“, sagt er mit Stolz, das Richtige getan zu haben, und den Laden in Bischofsheim übernommen.
Die Einheimischen hätten ihn und seine Frau gut „aufgenommen“, seitdem gäbe es viele Kontakte, nicht wirklich Freundschaften; denn „den ganzen Tag gab’s Arbeit und dann ging’s ins Bett.“ Ein angenehmer Kulturschock war die Erfahrung mit Ordnung und Sauberkeit, alles sei geregelt und „samstags wird die Straße gefegt.“ Jeden Oktober verabschieden sie sich, fahren „nach Hause“, bilden sich weiter oder jobben in der Gaststätte der Verwandtschaft. Im Frühjahr beginnt dann mit ihrer Rückkehr wieder die Saison.
Anfangs kostet die Kugel 10 Pfennige, heute 1,90 Euro
80 Liter Milch werden dann durchschnittlich jeden Tag im Hinterhof in der „Eis-Küche“ in den Räumen der ehemaligen Wäscherei Kunz verarbeitet, 15 Kilo Zucker und 10 Liter Sahne. Die Klassiker sind Vanille- und Schokoladen-Eis, dicht gefolgt von Erdbeer- und Zitrone-Eis. Und immer wieder werden neue Rezepte ausprobiert: „Aida“, ein Orangen-Biskuit-Eis mit Schokolade oder zum Muttertag „Love Mama“ mit Pistaziencreme und rotem Früchte-Crumble. Anfangs kostet die Kugel 10 Pfennige, heute 1,90 Euro. Beim Straßenverkauf wird zumeist das Eis in der Waffel über die Theke gereicht, im Café auf der Hollywood-Schaukel und – seit geraumer Zeit auch auf der halben Schulstraße – sind es die Becher, die bestellt werden; auch mit Gruß aus der italienischen Küche: Pizza- und Spaghetti-Eis. Espresso und Cappuccino sind immer wieder gerne nachgefragt. „Außer in der letzten Woche“, ruft Denis dazwischen, „da hat es geregnet.“
„Eis-Catering“ im Fiat 500 und „Eis-Schule“ für Kinder
Die Dependance in Ginsheim wurde letztes Jahr verpachtet, dafür hat Lauras älterer Bruder Morris am Marktplatz in Groß-Gerau ein „Gelatissimo“ gegründet. Die junge Chefin in Bischofsheim verweist gerne auf ihr „Eis-Catering“ mit mobilem Verkauf in einem Fiat 500, auf das Engagement als Sponsor für das Internationale Kinderfest und die Kerb, für die Bücherei und Fußballvereine oder die „Eis-Schule“ für Kinder der Kindertagesstätten und der Mangold-Schule. „Das Machen als Prozess“ werde gezeigt; „denn unser Eis ist zum industriell gefertigten der Supermärkte kein Vergleich.“ Die dritte Generation der „Eis-Konditoren“ wächst in Sohn Jacopo mit einer deutschen Staatsbürgerschaft heran. Auf der letzten Seite der Eis-Karte sagen die Stringhers den Kunden „arrivederci e grazie“.
Professor Dr. Wolfgang Schneider
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