75 Jahre Friseur Kilian

Ans Aufhören denkt er noch lange nicht: Im August feierte der Ginsheimer Traditionsfriseur Willi Kilian sein 75-jähriges Bestehen. Obwohl auch er bereits 72 Jahre alt ist, öffnet er seinen Salon weiterhin jeden Freitag zu festen Öffnungszeiten und am Samstag nach Vereinbarung. „So lange es Spaß macht, mache ich das gerne. Und es macht Spaß“, erzählt der Friseur-Meister fröhlich.


Direkt nach der Währungsreform eröffnete Hermann Kilian (†) am Freitag, den 13. August 1948 den Friseursalon in der Ginsheimer Rheinstraße. „Abergläubisch war mein Vater nicht“, sagt Willi schmunzelnd, als er das Gründungsdatum erwähnt. Hermann lernte zwischen den beiden Weltkriegen in Würzburg das Friseurhandwerk und machte seinen Meister. Der jüngste von vier Brüdern schaute zu seinem 17 Jahre älteren Bruder auf, der für ihn so etwas wie sein Vaterersatz war. Dieser riet ihm zu Beginn des Krieges: „Melde dich freiwillig, dann kannst du entscheiden, wo du hinkommst“. Hermann befolgte den Ratschlag und wurde Fernmelder auf dem Ginsheimer Holzweg. Dort lerne er seine künftige Frau Lisa kennen. Nach dem Krieg eröffnete er den »Damen und Herren Salon Hermann Kilian« und nutzte dafür lediglich den Platz, den heute der Thekenbereich einnimmt. „Wenn Haare gewaschen werden mussten, machte er das bei meiner Mutter in der Küche“, erinnert sich Willi Kilian. 

 

Friseur oder Fußballer?

„Druck auf meine Berufswahl übte mein Vater nie aus“, erinnert sich Willi. „Ich habe wohl schon bei der Einschulung gesagt »ich möchte Friseur oder Fußballer« werden. Wenn ich als Fußballer gut genug gewesen wäre, hätte ich vielleicht mehr Geld verdient“, räumt der Friseur humorvoll ein. Mit seiner Berufswahl folgte er seiner sechs Jahre älteren Schwester Jutta, die – wie auch seine Frau Roswitha – langjährigen Kunden als Teil seines Friseur-Teams bekannt ist. 

 

Kennengelernt in Rüsselsheim

Durch das Friseurhandwerk traf Willi auch seine Ehefrau. „Wir arbeiteten 1969 beide in Rüsselsheim beim Friseur Baumgärtner“, erinnert sich Willi, der in seinem Salon in der Spitze 13 Mitarbeiter beschäftigte und rund 15 Friseure ausbildete. Sein erster Azubi heißt übrigens Arno und betreibt einen Barbershop in Ginsheim. 

 

Traditionen ändern sich

Als Highlights in seinem Berufsleben denkt Willi gerne an Fortbildungen zurück, bei denen er neue Moden und Techniken kennenlernte. „Dies war ein toller Ausgleich zu 60 Stunden Arbeitswochen“, sagt er. Auch als er den Salon von seinem Vater übernahm, spielte Modernisierung – und zwar im Umgang mit den Kunden – eine entscheidende Rolle. „Mein Vater bestand als Chef immer darauf, dass wir uns im Salon untereinander mit Sie ansprachen und auch alle Kunden so begrüßten – selbst gleichaltrige Freunde. Dies schaffte ich umgehend ab“, denkt Willi Kilian zurück und sagt zum heutigen Stand: „So, wie es ist, kann es bleiben“. Wer den Traditionsfriseur kennenlernen möchte, kann unter 06144/2461 einen Termin für einen Haarschnitt  vereinbaren. 

Axel S.

von oben nach unten: Willi & Hermann Kilian

Nach einer Weiterbildung stieg Hermann Kilians Frau Lisa in den Betrieb mit ein. Durch einen weiteren Glücksfall gewann Hermann 1950 im Fußball-ToTo. Mit dem Gewinn von 3.000 DM erweiterte er den Salon nach hinten.

1959 wurde erneut vergrößert und 1965 entstand der Herrensalon links nach der Eingangstür.


12.10.2023