Die Pläne der Kreisverwaltung Groß-Gerau zum Bau einer gymnasialen Mittelstufe in Bischofsheim überraschen Lehrer, Schüler und Eltern der IGS-Mainspitze. Als Zwischenlösung sollen dort – bis das neue Schulgebäude im Berliner Zwickel Bischofsheim errichtet ist – Schüler in Containern untergebracht werden. Am 18.10. erfasste Redakteurin Lydia Dittrich die Reaktionen der Betroffenen beim Diskussionsabend in der IGS.
Am 07.09.2023 informierte das Landratsamt Schulleiterin Sabine Reich, dass die IGS als Interimslösung für die Erbauung des Bischofsheimer Mittelstufen-Gymnasiums mit modernen Containern auf dem Schulgelände erweitert werden soll. Schulelternbeirätin Karin Berndt lud zum Gespräch: „Baubeginn bereits nächstes Schuljahr. Anscheinend steht man noch am Anfang der Planung und somit möchten wir als Schulelternbeirat unsere Vorstellung zur Umsetzung der Interimslösung mit einbringen. Der Schulalltag unserer Kinder und des Kollegiums darf so wenig wie möglich belastet werden“, schrieb sie in der Einladung.
Schon wieder Belastung für die Schüler?
Die über 50 Teilnehmer diskutierten unter anderem, ob erneute Einschränkungen für die Schüler der IGS noch zumutbar seien. Der Schulbetrieb an der IGS wurde in den letzten Jahren erst durch Coronamaßnahmen und die Errichtung einer Erstaufnahmeeinrichtung für Ukraine-Flüchtlinge (in der Sporthalle) eingeschränkt. Soll es jetzt wieder die Kinder und Jugendlichen der Integrierten Gesamtschule Mainspitze treffen? „Die jetzige bestehende Schulform wird dadurch kaputt gemacht”, sagte Martin Einsiedel, Lehrer der Alexander von Humboldt Schule in Rüsselsheim.
Was ist mit dem Gymnasialen Zweig der IGS-Mainspitze?
Durch das Kurs-System, welches sich am Leistungsniveau der Schüler orientiert und durch viele qualifizierte Lehrkräfte decke die IGS-Mainspitze den Haupt- und Realschul- sowie einen gymnasialen Zweig ab. Zudem fange sie Schüler auf, die vom gymnasialen Zweig auf die Haupt- und Realschule wechseln möchten. In der Diskussionsrunde wurde die Befürchtung geäußert, dass – bedingt durch ein Mittelstufen-Gynmasium in Bischofsheim – im Laufe der Jahre der gymnasiale Zweig der IGS abgeschafft werde, was den Ruf einer Brennpunkt-Schule fördern könnte. Herr Sandri (Lehrer der Schule) wirkte demotiviert, als er sagte: „Der Kreis traut den Lehrern der IGS Mainspitze nicht zu, Schüler des gymnasialen Zweigs zu unterrichten.“ Regelrecht erbost wirkte Lehrerin Frau Margaritis. Die Schule erhalte einen negativen Stempel, betonte sie.
Ärger über Zustand der Schule
Dass für Container auf dem Gelände der IGS offensichtlich Geld zur Verfügung steht, irritierte viele Anwesende, denn Investitionen für den bestehenden Betrieb der Gesamtschule seien dringend nötig: Defekte Jalousien, zu wenige funktionierende Sanitäranlagen und zu kleine Umkleiden in den Sporthallen wurden genannt. Auch mehr PC-Räume mit modernen Computern wurden gewünscht. Zum Außengelände wurde angemerkt, dass die Fußballfelder aus Stein mit kaputten Tornetzen wenig attraktiv seien. Es gäbe kaum überdachte Außenflächen zum Schutz vor Hitze oder Regen. Die Grünflächen seien mit Hundekot übersät. Zudem wurde erwähnt, dass die Beförderungssituation der Schüler problematisch sei. Die Busse seien jetzt schon überfüllt, was zu Stresssituation am frühen Morgen führe. Für den CDU-Fraktionsvorsitzenden von Ginsheim-Gustavsburg Alexander Rheinberger ist der Investitionsstau für die IGS nicht nachvollziehbar. „Die IGS sollte nicht abgehängt werden”, sagte er.
Gymnasiale Oberstufe an der IGS?
Helmut Schmid, ehemaliger Lehrer und Mitglied des Bischofsheimer Gemeindevorstands (CDU) regte an, die IGS Mainspitze mit dem Ausbau einer gymnasialen Oberstufe attraktiver zu machen. Der gymnasiale Mittelstufenzweig sei ja bereits vorhanden.
Petition
Schulelternbeirat, Eltern, Lehrer und Kommunalpolikiter waren sich an diesem Abend einig, dass schnell gehandelt werden müsse, um die vorhandenen Pläne neu zu erarbeiten. Noch am gleichen Abend startete Alexander Schulz die Petition „Umstrukturierung des geplanten Neubaus eines Mittelstufengymnasiums in Bischofsheim“ auf change.org. Am Wochenende zählte diese bereits 400 Unterzeichner.
Am Gesprächsabend äußerte sich auch der Bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion des Kreises Gross-Gerau Luca Karger: „Der Kreistag wurde spät über dieses Vorhaben informiert.“ Zudem wies er auf die Kreistagssitzung hin, die bereits am 13.11., um 14 Uhr im Landratsamt stattfindet.
Statement der Kreisverwaltung
Die Pressestelle des Landratsamtes verweist auf steigende Einwohnerzahlen: „Der Kreis hatte vor 20 Jahren 250.000 Einwohner – wir laufen bis 2030 auf 300.000 zu – dies bedingt einen Ausbau an fast allen Schulen.“ Schon vor zwei Jahren habe sich gezeigt, dass die klassischen gymnasialen Plätze nicht ausreichen. Die Mittelstufen des Neuen Gymnasiums, dem Max-Plack-Gymnasium und der Immanuel-Kant-Schule seien gerade durch Schüler des Nord-Kreises „überbucht“. Versuche, Eltern von dem gleichwertigen Angebot an Integrierten Gesamtschulen zu überzeugen, habe nicht den gewünschten Erfolg erzielt. Um die Nachfrage befriedigen zu können, habe das Neue Gymnasium (Rüsselsheim) in diesem Jahr zwei „Außenklassen“ in den Räumen der Gustav-Heinemann-Schule eröffnet. „Wenn wir jetzt nicht reagieren, fehlen im Sommer 2024 mindestens vier gymnasiale Eingangsklassen im Nordkreis – eher aber fünf.“ Jährlich 120 bis 150 Kinder gegen den erklärten Willen der Eltern zwangsweise einer Integrierten Gesamtschule zuzuweisen (was rechtlich möglich, aber politisch nicht gewollt ist), würde auch den Schulfrieden an den IGSen im Nordkreis massiv stören“, sagt Landrat Thomas Will (SPD).
Standort in Bischofsheim
Die drei Schulträger im Kreis suchten nach den Sommerferien nach einer Lösung. Eine Erweiterung des Neuen Gymnasiums (Rüsselsheim) sei nicht möglich. Das Gelände des Berliner Zwickels im Bischofsheim kam in Frage, weil auf diesem Areal keine Wohnbebauung entstehen darf, die Fläche aber für den Gemeinbedarf genutzt werden kann.
Zwischenlösung
Für die Planungs- und Bauzeit habe man den Standort der IGS-Mainspitze als Interimslösung näher untersucht, weil der Kreis Groß-Gerau dort über eigene Flächen verfügt.
Viele der kritisierten Punkte lassen sich aus Sicht des Landrats aber abarbeiten
Ein gymnasialer Standort in der Nähe einer IGS müsse kein Nachteil sein, wie Schulen in Groß-Gerau zeigen. Zum Thema „Invesitionsstau an der IGS“ merkt Thomas Will (SPD) an, dass der Kreis landesweit zu den Schulträgern mit den am besten sanierten Schulen gehöre. Er räumte aber ein, dass es im laufenden Jahr zunächst zu Schwerpunktsetzungen kommen musste, da der aktuelle Haushalt noch nicht genehmigt wurde. Verschmutzungen und Zerstörungen in den Toiletten gäbe es an fast allen Schulen. Auch hier unterstütze er gerne die Schulleitung. Dass die Kreisverwaltung zur Diskussionsveranstaltung in der IGS-Mainspitze nicht eingeladen war, bedauerte der Landrat.
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