Ein wiederkehrendes Thema – egal ob bei der Bürgermeisterwahl 2015 oder der Kommunalwahl in diesem Jahr – sind die Finanzen. Um genau zu sein: Die schwierige finanzielle Situation, in der sich Ginsheim-Gustavsburg befindet. Grund genug, bei den Parteien der Stadt nachzufragen. Wir wollten wissen: Warum ist die Haushaltslage so prekär? Und: Wer ist hierfür verantwortlich? Hier die Antworten:
Warum ist die Haushaltslage so prekär?
Ginsheim-Gustavsburg hat lange Zeit mehr Geld ausgegeben, als es eingenommen hat, und jetzt hat Corona auch noch die Gewerbesteuer einbrechen lassen. Es wird höchste Zeit zu akzeptieren, dass ein Etat kein Wunschzettel ist: Leider hat sich diese Einsicht noch nicht durchgesetzt. Unter dem Titel „Zwei-Standorte-Lösung“ handeln wir uns gerade das nächste Problem ein: Es wird eine Vier- Millionen-Euro-Halle in Auftrag gegeben, die erstens erheblich teurer werden dürfte und zweitens die Stadtkasse mit hohen Unterhaltskosten belasten wird. Die Kosten tragen am Ende die Bürgerinnen und Bürger und die Vereine in Form von Steuern und Gebühren. Wir sollten uns auf das Notwendige konzentrieren – zum Beispiel eine moderne Feuerwache für Gustavsburg.
Wer ist schuld?
Diese Frage führt uns nicht weiter. Entscheidend ist, dass wir es künftig besser machen. Dass wir akzeptieren, dass man jeden Euro nur einmal ausgeben kann und dass er deshalb für Dinge genutzt werden muss, von denen möglichst viele Menschen in unserer Stadt etwas haben.
Für die angespannte Haushaltslage der Stadt gibt es verschiedene Gründe. Zum einen wurden den Kommunen seit Jahren von Bund, Land und Kreis zusätzliche Aufgaben aufgebürdet, ohne entsprechende zusätzliche finanzielle Mittel dafür bereitzustellen. Zum anderen ist es GiGu seit Jahren nicht gelungen, Gewerbe anzusiedeln, das im Verhältnis zur Flächennutzung ausreichend Steuern einbringt.
Auch leistet sich die Stadt seit Jahrzehnten zahlreiche freiwillige Leistungen, an die wir uns alle gerne gewöhnt haben. Einzeln betrachtet sind diese für die jeweilige Interessengruppe zwar sinnvoll, in der Summe übersteigen sie jedoch die finanziellen Möglichkeiten der Stadt.
Zur Finanzierung dieser Leistungen wurde die Grundsteuer mehrfach erhöht und hat inzwischen die Belastungsgrenze für viele Bürger erreicht. Dieses Mittel zur Haushaltsentlastung ist aus Sicht der FDP ausgereizt.
Darüber hinaus leistet sich GiGu mit der neuen Sport- und Kulturhalle ein weiteres Großprojekt, das die Stadtkasse nicht nur durch die Baukosten, sondern gemäß einem vorliegenden Gutachten voraussichtlich auf viele Jahre hinaus mit einem hohen Defizit belasten wird und dabei nicht einmal allen Anforderungen der zukünftigen Nutzer gerecht wird.
Die Ursachen für die Haushaltslage sind vielschichtig. Jahrzehntelang wurde im großen Stil über die Verhältnisse gelebt. Die Einnahmen deckten die Ausgaben bei weitem nicht. Bis 2016 wurde ein Schuldenberg von 38 Mio. Euro angehäuft. In guten Zeiten wurde allenfalls ein ausgeglichener Haushalt angestrebt und keine Rücklagen für Krisen geschaffen. Bei Flächenverkäufen wurde das schnelle Geld angestrebt und nicht auf langfristige Gewerbesteuereinnahmen geachtet.
Durch hohe laufende Kosten und geringe Investitionen wurde 2016 auch eine marode Infrastruktur übernommen, deren Folgekosten uns weiterhin belasten.
Dass die Kommunen in Hessen unterfinanziert sind ist kein Geheimnis – allein im Bereich der Kinderbetreuung fehlen uns Jahr für Jahr Millionenbeträge. Auch im Bereich der Schulen wäre eine höhere Kostenübernahme seitens des Landes erforderlich.
Wir als Kommunalpolitiker dürfen uns aber nicht aus der Verantwortung nehmen, sondern müssen unter den gegebenen Rahmenbedingungen vernünftig haushalten.
Die Altschulden in zweistelliger Millionenhöhe aus den vergangenen Jahrzehnten belasten mit Zins und Tilgung auch heute noch den Haushalt immens und zwar im sechsstelligen Bereich jedes Jahr. Die Umlagen, die von der Stadt an den Kreis zu zahlen sind, sind hessenweit mit am Höchsten – wenn diese Pflichtabgaben der Stadt an den Kreis auf den Durchschnitt abgesenkt werden würden, hätten wir längst die Großprojekte Sport- und Kulturhalle sowie das Haus der Zukunft angehen können.
Auch die Einnahmen aus der Gewerbesteuer könnten höher sein – hierzu gibt es einen Antrag der CDU. Richtig ist auch, dass die Kommunen unterfinanziert sind und etwa die Kosten der Kindergärten- der größte Defizitbereich im Haushalt- von Bund und Land getragen werden sollten. Unsere Stadt leistet sich viele soziale Leistungen wie sozialen Wohnungsbau, auf die wir stolz sein können.
Um diese Ausgaben auch in Zukunft tätigen zu können, ist es anders als in den letzten Jahrzehnten angesagt, Ausgaben auf ihre Erforderlichkeit zu prüfen, um die Bürger nicht weiter zu belasten.
Es wäre zu billig und außerdem auch falsch, diese prekäre Haushaltssituation auf die vorherigen Bürgermeister und Mehrheiten zu schieben. So einfach ist das nicht! Schon in den vielen Jahrzehnten vorher hat die Kommune Aufgaben zugeschoben bekommen, die mit den Einnahmen einer Stadt einfach nicht zu bewältigen sind. Das betrifft vor allem die KiTas. Diese Ausgaben belasten den Haushalt am meisten und nehmen von Jahr zu Jahr zu. Wir als LINKE sind von Anfang an der Auffassung gewesen, dass Kindererziehung und -betreuung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und bleiben muss, und daher nicht von den Eltern, sondern von der Gesellschaft, also von Steuermitteln zu finanzieren ist. Diese Verpflichtung, vor allem wenn sie eingefordert werden kann, ist Landessache und von dort sollte sie auch bezahlt werden. Eine Kommune ist nicht in der Lage, die Kosten für alle Kinder in KiTas aus eigenen Einnahmen zu finanzieren. Verantwortlich ist also die Exekutive, die für die Kommunen in Hessen verantwortlich ist. Im Augenblick sind das in Hessen Die Grünen mit der CDU, aber auch schon davor waren SPD und Grüne ebenfalls in die Verantwortung zu nehmen. Wir LINKEN sind ohne Wenn und Aber für eine kostenlose Betreuung in KiTas.
Weil die Kommunen mit Aufgaben belastet werden, für die sie nicht die nötigen Erstattungen ihrer Aufwendungen erhalten. So beträgt allein bei der Betreuung in unseren Kindertagesstätten der Fehlbetrag inzwischen knapp 4 Millionen Euro. Dieser muss nicht nur in Ginsheim-Gustavsburg aus kommunalen Steuern, wie der Grundsteuer oder der Gewerbesteuer gedeckt werden.
An diesem strukturellen Problem hat sich auch mit der Übernahme von Altschulden, die nicht etwa vom amtierenden Bürgermeister abgebaut wurden, sondern lediglich vom Land zu festen Bedingungen zur Rückzahlung in die „Hessenkasse“ übernommen wurden, nichts geändert.
Die Ursachen sind nicht auf der Ausgaben-, sondern auf der Einnahmenseite zu suchen. Was auch die teilweise drastischen Kürzungen bei den Leistungen im Haushalt 2021 belegen.
Hierbei sind zwei Punkte zu berücksichtigen. Zum einen brachen durch die schwache Konjunktur infolge Corona die Gewerbesteuereinnahmen deutlich ein. Zum anderen muss bedacht werden, dass die hessische Landesregierung den Kommunen ab dem Jahr 2011 rund 350 Millionen Euro durch Kürzungen bei den Landeszuweisungen gestrichen hat.
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