Künstlerin – auf der ganzen Linie!

Die Bischofsheimerin Ellen Ribbe zeichnet, malt, näht und kreiert auf ihre schöpferische Weise eine einzigartige Bildsprache. Im Zentrum ihrer Kunst stehen Linien – in Szene gesetzt durch Dimensionen. Manche lässt die Künstlerin in den Raum ragen, andere bettet sie liebevoll in rund einhundert Jahre alte – teils handschriftliche – Dokumente ein. Am Wochenende öffnete sie ihr Atelier in der Bischofsheimer Gutenbergstraße 40 für Besucher.

 

Wenn Ellen Ribbe über Flohmärkte spaziert, sucht sie keine Schnäppchen, sondern Inspiration. „Alte Papiere haben es mir angetan. Sie sind wunderbar individuell und ich liebe den morbiden Charme von Material, das gelebt und somit eine Geschichte hat“, schwärmt die Künstlerin wenn sie über ihre Arbeitsweisen berichtet. Dass Ellen bereits bedruckte Werkstoffe nur als Stilmittel einsetzt wird schnell klar, wenn man durch ihre Ausstellung schreitet. Ihr Respekt vor Vergangenem hält sie nicht davon ab, bei jedem ihrer Werke neu und auf gewisse Art und Weise mit einem weißen Blatt Papier zu beginnen. Die Unterschiedlichkeit ihre Arbeiten fällt schnell ins Auge, eine Verwandtschaft der Bilder entdeckt man, wenn man die Werke länger betrachtet oder sich mit der Künstlerin unterhält. Der Weg durch ihre Ausstellung wirkt wie das Kennenlernen einer Großfamilie, bei der man ähnliche Wesenszüge bei Verwandten feststellt, deren Geburtsdaten um 20 Jahre auseinander liegen. Manche Bilder erinnern aber auch an Zwillinge, die man zwar auf den ersten Blick erkennt, aber dann ihren unterschiedlichen Charakter wahrnimmt.

Über ihre Werke, die bei ihr und in Galerien zum Kauf angeboten werden, sagt Ellen „ich liebe sie alle – aber sie dürfen alle auch gehen.“

 

„Für diese Bilder habe ich 20 Jahre gebraucht“

Schon als Kind kreierte Ellen Kunstwerke mit Stift und Papier. Zudem sang sie für ihr Leben gerne. „Ich erinnere mich daran, dass ich auf der Schaukel so lange tagesaktuelle Schlager zum besten gab, bis ein Nachbar genervt rief »sei endlich still, ich kann‘s nicht mehr hören«“. Ob ihr Nachbar seine Meinung zu ihren Gesangeskünsten revidierte, ist zwar nicht belegt, aber die Vermutung liegt nahe, dass er wenige Jahre später statt „sei endlich still“ „Zugabe“ rief. Mit der Band „Ellen & friends“ und später „Trick Bag“ wurde die Sängerin über die Mainspitze hinaus bekannt. 

Ihre Affinität zur bildenden Kunst schlummerte bis 1999. „Nach der Geburt meiner Kinder Johanna und Maximilian begann ich mit ihnen zu zeichnen. Kurz darauf lernte ich Inge Besgen kennen und besuchte ihre Malschule in Rüsselsheim zehn Jahre lang“, erinnert sich Ellen, die ihre Kunst mittlerweile zum Hauptberuf erklärte und für alle, die sie fragen, wie lange sie denn für ein Werk gebraucht habe, die Antwort „für dieses Bild habe ich 20 Jahre gebraucht“ parat hält. Die Kombination aus ihren handwerklichen Fertigkeiten und kreativen Visionen erarbeitete sie sich in diesem Zeitraum. „Ohne diese Erfahrung wären meine Werke nicht das, was sie sind“, ist sich Ellen sicher.

 

Der Linie treu bleiben

Oberflächlich betrachtet fallen Besuchern ihres Ateliers mit Sicherheit die unterschiedlichen Techniken auf, mit denen die Werke erstellt wurden. So enthalten Bilder Malereien, Drucktechniken und sogar Nähte mit einem roten Faden. Fragt man Ellen nach ihrem künstlerischen Leitfaden, erzählt sie ausschließlich von einem Gestaltungselement: Der Linie. „Sie ist das elementarste Element der Kunst. Es handelt sich um Punkte, die miteinander verbunden sind. Auch eine Naht ist für mich nichts anderes, als eine Fadenlinie. Es ist das intensivste Mittel“, sagt die Künstlerin, die  ihren Werken teilweise dreidimensionale Linien verlieh, die in den Raum hineinragen. 

Erster Preis für „Aufgegabelt“

Mit ihren neun Interpretationen der Ausschreibung des Meldorfer Culturpreises gewann Ellen Ribbe in diesem Jahr den ersten Platz. „Aufgegabelt“ lautete das Motto, dass Ellen umsetzte und die Jury überzeugte. 

 

Nicht gegenständlich

Obwohl Ellen Ribbe auch gegenständlich und akkurat zeichnen könnte, schließt sie dies für ihre Kunst aus. „Dann könnte ich auch ein Foto machen. In meinen  Arbeiten will ich ganz frei sein“, so die Künstlerin.

Mittlerweile stellte die Bischofsheimer Künstlerin Ellen Ribbe bereits in Deutschland, Dänemark und Frankreich aus. Für die Zukunft wünscht sie sich eine noch stärkere Anerkennung von Galleristen, um auf dem Kunstmarkt noch stärker wahrgenommen zu werden. „Das wäre ein Ritterschlaf für mich“, so Ellen Ribbe abschließend.

Axel S.



24.11.2022