Es begann an einem Ostermontag, im „Affe-Cafe“, wie die Gastwirtschaft des Spenglermeisters Hermann Schäfer auch genannt wurde. An einem Tisch saßen die Frauen. An einem anderen die Männer. Dazwischen die Musik-Box. Für 50 Pfennig konnte man drei Lieder auswählen. Ein junger Mann drückte den Song „Ganz Paris träumt von der Liebe“ von Caterina Valente. Und das war geschickt gedacht, denn im Text heißt es: „Ganz Paris träumt dieses Märchen, wenn es wahr wird. Ganz Paris grüßt dann das Pärchen, das ein Paar wird.“ Formvollendet fordert Friedel Christ mit einem „Darf ich bitten?“ Erna Schweigert auf. „Und dann ist ein bisschen getanzt worden.“
Schlagerlieder und Liebesfilme
Auch mit einer weiteren programmatischen Platte kommt das Pärchen sich näher. Es tönt ein Chanson der Sängerin Dalida: „Am Tag als der Regen kam. Da erblühten die Bäume. Da erwachten die Träume. Da kamst du.“ Was man so mit Vinyl-Singles alles sagen kann! Zwischen den beiden hat es gefunkt und sie trafen sich wieder zu Liebesfilmen im Kino „bei der Gütlichs Marie oder dem Horschte Käs“. Nach der Verlobung an Weihnachten wurde knapp ein Jahr später am 4. Dezember 1959 geheiratet.
Erna stammt aus Armsheim in Rheinhessen und der Lebenspartner ihrer Mutter war Schreiner beim „Engerts Lui“, Friedel, ein geborener Bischemer, aus der Goethestraße. Gewohnt wurde zunächst in der „Dammgaß“, dann ein Haus in der Böckler-Siedlung gebaut. Die Kinder Gabi, Robert und Christine kamen dort zur Welt, bescherten den Eltern fünf Enkel, die wiederum vier Urenkel haben. Die Mutter hatte als Hausfrau genug zu tun, war aber auch „Mädchen für alles“ im Geschäft „vom Woll-Fischer“. Der Vater hatte beim „Hause Seppel“ Weißbinder gelernt, bevor er einen Arbeitsplatz bei Opel fand.
„Die Herzen ganz, dem Liederkranz“
Bei meinem Besuch im Hause Christ, empfängt mich Sohn Robert mit Frau, Hund und Katze. Friedel Christ ist gesundheitlich geschwächt, erzählt aber mit präziser Erinnerung von einem schönen Leben. Erna Christ ist vor kurzem gestürzt, hat eine Operation überstanden und wird hoffentlich bis zum 65-jährigen Ehejubiläum wieder zu Hause sein. Dann wird sicher auch von ihrem Verein die Rede sein. Getreu dem Motto „Die Herzen ganz, dem Liederkranz“ erfahre ich vom gesellschaftlichen Geschehen des Männergesangvereins: Bei der „Närrischen Singstunde“, den Fastnachtsbällen mit Sektbar und den zahlreichen Ausflügen. „Der Verein war auch immer Familie“, sagt der Tenor Friedel Christ, der keine Singstunde im Adler-Saal verpasst hat.
Gerne blickt er zurück, vor allem an eine erste Reise zum Bruderverein nach Schalksmühle. Der damalige Vereinsvorsitzende und Bahnbeamte, Wilhelm Späth, hatte einen Sonderzug organisiert, der mit einer Dampflok ins Sauerland fuhr. „Und schon auf dem Bahnsteig gab es das erste Konzert!“ In jungen Jahren wurde Friedel auch Genosse der SPD, wie überhaupt „der halbe Liederkranz mit dabei war“. Urlaube fanden vorwiegend in den Bergen statt, im Sommer wurde gewandert, im Winter auch schon mal Ski gefahren. Große Reisen gab es zur Cousine und den beiden Schwestern von Friedel Christ, die nach Amerika ausgewandert waren. Und das bleibt im Gedächtnis, ebenso wie das Ereignis der Hochzeit, dokumentiert im Studio von Hans Blobner, das als Schwarz-weiß-Foto im Schlafzimmer hängt.
Professor Dr. Wolfgang Schneider
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