Flechtwerkgestalterin

„Was für‘n Ding?“, fragen Janas Bekannte, wenn sie von ihrer Lehre erzählt. „Spannend“, antworten sie, wenn die Auszubildende der Flechtwerkgestaltung von ihrem Alltag berichtet. Aus Weide, Peddigrohr oder Rattanstangen gestaltet die Handwerkerin Körbe, Sitzmöbel und auch Werkstücke in ungewohnt großen Dimensionen. Ihr Hinweis, dass auch Strand- und Ballonkörbe geflochten und gefragt sind, verdeutlicht, dass die berufliche Zukunft einer „Flechtwerkgestalterin“ besser aussieht, als die meisten spontan denken.


Bereits im Grundschulalter lernte Jana Nähen, Stricken, Häkeln und Sticken von ihrer Mutter. Ihre Begeisterung fürs Handwerk hielt an: Ein Mini-Praktikum bei einem selbstständigen Schreiner inspirierte sie, nach verwandten Handwerksberufen zu suchen. Über Keramiker und Glasmaler stieß sie im Internet auf Flechtwerkgestalter. „So habe ich auch die Website der Schule gefunden und bin dann irgendwie da hängen geblieben“, erinnert sich die 21-jährige. 

 

Von Ginsheim nach Lichtenfels

„Für gewöhnlich haben die wenigen Flechtereien, die es noch gibt, keine Kapazitäten, jemanden auszubilden“, erzählt Jana. Über ihren Platz an der europaweit einzigartigen „Staatlichen Berufsfachschule für Flechtwerkgestaltung“ ist sie sehr dankbar. In ihrer dreijährigen Ausbildung lernt sie Techniken, die weit über das Flechten von runden, ovalen und eckigen Körben hinaus gehen. „Beim Feinflechten arbeiten wir mit Vollweide, die wir erst spalten, hobeln und schmälern, bevor wir mit diesen vorbereiteten Schienen sehr filigrane Formen flechten. Weidenstöcke und Rattanstangen kommen beim Möbelbau zum Einsatz. Hier lernen wir auch Stuhlgeflechte, wie beispielsweise das Wiener Geflecht“, berichtet Jana über ihre Schule, in der auch „lebende Zäune“ geflochten werden, die weiterwachsen. Auch die schulnahe Holz- und Metallbearbeitung entspricht ihren persönlichen Werten. „Dort stellen wir selber Werkzeuge und allerlei nützliche Dinge her“, freut sich Jana. 

Neben handwerklichem Geschick in den Werkstätten eignet sich die Ginsheimerin in Lichtenfels auch theoretisches Wissen über die verschiedenen Materialien an. „Das empfinde ich als sehr sinnvoll, da verschiedene Materialien auch unterschiedliche Eigenschaften haben und eventuell den Ansprüchen des Verwendungszwecks angepasst werden müssen“, so Jana. Berufskrankheiten wie Sehnenscheidenentzündung, Schnappfinger oder kleine Verletzungen durch Schneidewerkzeuge verderben ihr übrigens nicht die Freude an ihrer Leidenschaft. Hier sagt sie entspannt: „Mit genug Ruhe geht das auch wieder weg.“

 

Kreativität bestimmt auch die Freizeit der angehenden Korbflechterin.  Neben Handarbeiten wie Häkeln spielt Jana Klavier und ein Pferdefan ist sie auch. Für die Zukunft ihres Berufes wünscht sie sich, „dass die Leute beim Handwerk wieder zu schätzen lernen, wie viel Arbeit und Zeit da drin steckt und was für schöne und praktische Sachen dabei raus kommen“.                                           Axel S.

Jana arbeitet in der Werkstatt der „Staatlichen Berufsfachschule für Flechtwerkgestaltung“

mit Bunsenbrenner an einem Esszimmerstuhl.  


7.12.2023