Es brauchte schon Überredungskunst, um die Jubilarin als Zeitzeugin für ein Gespräch treffen zu dürfen. Doch letztendlich führt sie mich durch die Räume, die ihr Leben lange geprägt haben: Anngret Meckel, die Metzgersfrau außer Dienst, die am 21. Dezember 1934 geboren wurde und am kommenden Samstag 90 Jahre alt wird. „Mir gehe hinnerum“, sagt sie und ich betrete einen Kachelbau mit reichlich Gerätschaften. Da steht der „Cutter“, der das Fleisch zu Wurst zerkleinert hat, als wäre er gestern noch in Betrieb gewesen. Da dominiert mittendrin die „Mulle“, in der die Wurst mit Gewürzen gemischt wurde. Dahinter verbirgt sich die große Räucherkammer, daneben der Vakumat und ein Kocher. „Und das war meine Aufschnitt-Maschine“, sagt die ehemalige Verkäuferin im eigenen Geschäft in der Schulstraße voller Stolz, da wo heute eine Reinigung ihre Dienste anbietet.
„Wenn mir einer mal gesagt hätte, dass ich in Bischem einlaufen werde, den hätte ich für verrückt erklärt“, sagt Anngret Meckel, ein „Ginsemer Meedsche“. Aber dann lernte sie auf einer Tanzveranstaltung in der Turnhalle Wilhelm Meckel aus Bischofsheim kennen und lieben. Im Mai 1958 wurde geheiratet und ab August halfen sie bei Schwiegermutter Frieda aus. Die hatte die gut gehende Gastwirtschaft „Zur Ratsstube“ ihres Vaters Wilhelm Daum in einem großen Backsteinbau schräg gegenüber der früheren Volksschule und dem heutigen Rathaus übernommen. Aber Anngrets Willi „wollte nicht Wirt werden“ und baute nebenan „seine“ Metzgerei.
Fleischwurst war der Verkaufsschlager
Im Lokal-Anzeiger für die Mainspitze vom 7. Juli 1961 ist darüber zu lesen. Schon um 1890 habe „Metzgermeister Jakob Daum dort eine Metzgerei mit Gastwirtschaft“ gegründet, die später von seinem Bruder und anschließend von dessen Schwiegersohn übernommen wurde. Dieser Metzgermeister August Meckel „ist aus dem zweiten Weltkrieg nicht mehr zurückgekehrt, seitdem lag das Geschäft still“. Im Kühlraum hängt noch heute der Meisterbrief für Willi Meckel von 1960, neben dem seines Sohnes Ralf aus dem Jahre 1983.
„Bis 1994 haben wir alles verkauft, was an Wurst- und Fleischwaren nachgefragt wurde“, erzählt Anngret Meckel. Die Konkurrenz war groß: Bischofsheim hatte viele Metzgereien: „Der Horlacher, der Schade Wilhelm, der Nothnagel, der Adamek und der Hartmann.“ Die Schweine kamen von Bauern aus dem Ried und Fleischwurst war der Verkaufsschlager. Im Schaufenster stand eine Art Kommode, eine Erbschaft aus der Jahrhundertwende und dekoriert mit haltbarer Dosenwurst. „Und dann kam der Thone Uli vom Heimat- und Geschichtsverein und seitdem steht sie im Museum im Alten Rathaus.“
Klatsch und Tratsch der Kunden an der Theke
Von morgens bis abends war Anngret Meckel im Geschäft, bediente die Kunden und erfuhr Klatsch und Tratsch. Sie kennt unzählige familiäre Geschichten aus der lokalen Geschichte. Zuletzt wurde sie beim Radfahrerverein für 65-jährige Mitgliedschaft geehrt, mit ihrem Mann war sie dem Athletenclub und besonders auch der Sportvereinigung 1907 verbunden, die in „Friedas Ratsstube“ ihr Vereinslokal gefunden hatten. Sie ist noch gut zu Fuß und mit dem Rad unterwegs, immer zu einem Schwätzchen aufgelegt. Sohn und Tochter werden sie mit Enkeln und Urenkeln anlässlich ihres runden Geburtstages gebührend feiern.
Professor Dr. Wolfgang Schneider
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