Schriftliches Interview mit den Parteien von GiGu

Februar 2021

Finanzen und Shopping sind die Themen dieses Interviews mit den Kommunalpolitiker*innen von Ginsheim-Gustavsburg. 

Zum letzten Mal vor der Kommunalwahl stehen Vertreter*innen von GiGu bei Politik to go am 4. März vor der Kamera. Das Interview geben wir auch in der Zeitungsausgabe am 11. März in Schriftform wieder.

Zum Shopping fahren viele Menschen aus GiGu in umliegende Städte. Wie können die Zentren von Ginsheim-Gustavsburg attraktiver werden?

 

Verena Scholian (Die Linke): In Gustavsburg existiert ansatzweise ein solches Zentrum, während in Ginsheim noch Nachholbedarf besteht: Für beide Stadtteile sollten folgende Voraussetzungen geschaffen werden: 1. gute Erreichbarkeit auch für Personen mit Handicap, 2. günstige Preise, auch Reparatur- und Service-Angebote, Bring Dienste, 3. unterschiedliche Branchen (Lebensmittel, Bank, Post, Ärzte, Apotheke), 4. möglichst alle zentral gelegen und 5. Cafés und Bistros zum Verweilen sollten dort ebenfalls vorhanden sein.

 

Dietmar Kraft (CDU GiGu): Unsere Stadt beherbergt etliche Geschäfte wie Reisebüros, Hi-Fi-Läden, Optiker, ein Brautmodengeschäft, Schreibwarenläden, aber auch Eisdielen, Bäcker, Metzger, und vieles mehr. Es gilt, für die Geschäfte und die Bürger:innen ein angenehmes Umfeld zu schaffen und zu erhalten, bei dem man gerne einkauft. Hierzu gehören ausreichende Parkplätze bei Beruhigung des Verkehrs und Ausbau des ÖPNV. Langfristig ist auch eine Senkung der Gewerbesteuer anzustreben.

 

Johanna von Trotha (FDP GiGu): Die Bürgerbefragung für den Stadtteil Gustavsburg hat gezeigt, was sich die Bürger*innen wünschen. Gastronomie, evtl. ein MainCafe oder auch Aufenthaltsmöglichkeiten, um das Eis oder den Kuchen zu genießen. Wir können und sollten uns glücklich schätzen, dass wir nur sehr wenige Leerstände haben und das wird auch an der städtischen Wirtschaftsförderung liegen. 

 

Verena Biale (Grüne GiGu): GiGu hat sich in den vergangenen Jahren dank des Bund-Länder-Programms Aktive Kernbereiche eigentlich gut entwickelt – beispielsweise am Fritz-Bauer-Platz in Gustavsburg. Deshalb ist es umso wichtiger, diesen neuen Ortsmittelpunkt jetzt mit dem Bau eines Bürgerzentrums zu festigen. Das belebt den Platz und macht die Ortsmitte auch als Standort für Geschäfte interessanter.

 

Carsten Nickel (SPD GiGu): Mit dem REWE und der Neugestaltung des Fritz-Bauer-Platzes hat Gustavsburg in den letzten Jahren eine Aufwertung erhalten. In Ginsheim müssen wir darauf achten, dass die verbliebenen Läden nicht ihre Kundschaft verlieren. Eine teilweise Umfahrung ist da kontraproduktiv. Dadurch fährt Laufkundschaft an der Ortsmitte vorbei. Es liegt an allen, die vielfältigen Angebote des täglichen Bedarfs zu nutzen. „Laaf net fort – kaaf vor Ort“ gilt nicht nur in Corona-Zeiten.

 

Jochen Capalo (Freie Wähler GiGu): Wir werden rein von der Struktur nicht mit Mainz mithalten und sollten das auch gar nicht erst versuchen. Wir haben einige hervorragende Einzelhändler und Dienstleister in beiden Ortsteilen, die manchmal gar nicht im Bewusstsein sind. Unsere Wirtschaftsförderung macht einen guten Job. Der Fritz-Bauer-Platz schafft ein attraktives Ambiente. In Ginsheim bedarf es natürlich dringend der Verkehrsreduzierung.

 

 

Wie kann Ginsheim-Gustavsburg dem Schuldenberg von fast 11 Mio Herr werden?

 

Verena Scholian (Die Linke): Die Ausgaben setzen sich zusammen aus Verwaltungs- und Investitionsausgaben. Verwaltungsausgaben sind mittlerweile kaum noch zu kürzen, laufende Abgaben z. B. als Kreisumlage für Schulen sind vom Parlament nicht zu ändern, auch Kosten für Telefon, Internet, Papier, Strom etc. können ebenfalls nicht gestrichen werden. Eine viel stärkere Finanzielle Unterstützung durch das Land ist unerlässlich.

 

Dietmar Kraft (CDU GiGu): Mit der CDU wurde der Schuldenberg von 50 Mio. € auf 11 Mio. € reduziert. Wir stehen für solide Finanzen auch mit Partnern - wie mit dem Land Hessen mit der Hessenkasse, die einen Teil der Schulden der Stadt übernommen hat. Es gilt, Geld nur auszugeben, welches man tatsächlich hat oder wenn die Gegenfinanzierung steht. Zugleich sind auch kostengünstige Alternativen für Projekte, verbunden mit Investitionen in eine gute Zukunft, zu finden.

 

Johanna von Trotha (FDP GiGu): Die 11 Mio. Euro sind Kreditaufnahmen für z. B. KiTa Neu- oder Umbauten, Straßensanierungen oder das neue Feuerwehrhaus in Ginsheim. Jedem Kredit steht ein Wert gegenüber und ist eine Investition in die Zukunft. Die Kreditaufnahmen werden durch die Genehmigungsbehörde (Kreis Groß-Gerau) genehmigt und nach Tilgungsplänen bedient, die sich im Haushalt wiederfinden. Die damalige Praxis, der Inanspruchnahme von Kassenkrediten, darf sich nicht wiederholen.

Verena Biale (Grüne GiGu): Ein Anfang wäre es, kein Geld mehr aus dem Fenster zu werfen – wie die 40.000 Euro für ein „Gegengutachten“ zur Ortsentlastungsstraße. Klar ist: Diese Straße wird nicht gebaut, daran wird dieses Gutachten nichts ändern. Es entfernt uns nur von dem Ziel, die Schulden auf ein vernünftiges Maß zurückzuführen. Wir müssen uns auf das konzentrieren, was einen echten Nutzen bringt.

 

Carsten Nickel (SPD GiGu): Die genannten Schulden sind Kredite aus Investitionen und haben einen Gegenwert. Wie jeder Häuslebauer der für seinen Baukredit immer einen Gegenwert hat. Ginsheim-Gustavsburg kann diese planmäßig tilgen. Natürlich ist darauf zu achten, dass die Tilgungsraten die finanziellen Möglichkeiten der Stadt nicht übersteigen. Hier gibt aber das Haushaltsrecht enge Grenzen.

 

Jochen Capalo (Freie Wähler GiGu): Das klingt im ersten Moment viel. Es handelt sich um langfristige Investitionskredite, die gegenfinanziert sind – wie wenn sich der Privatmensch ein Haus kauft. Wir müssen aufpassen, dass wir uns die Finanzierungs- und Folgekosten langfristig leisten können. Dazu braucht es Einnahmen, die wir aus einer nachhaltigen, gewerbesteuerintensiven Ansiedlung beschäftigungsintensiver Betriebe erreichen wollen.

 

 

Macht ihr euch für Einsparungen stark? Wenn ja, für welche?

 

Verena Scholian (Die Linke): Investitions-Ausgaben haben Sparpotential. Stichwort Ortsbelastungsstraße: Hier sind die 40.000 Euro für Kosten für Gutachten Nummer 2 rausgeschmissenes Geld. Mal ganz abgesehen von der Straße im Ganzen. Hinzu kommen die Grundstücksankäufe für die ca. 6 ha Trasse und unter Umständen auch die Kosten für den Kampfmittelräumdienst, der genau auf diesem Gebiet sicher explosive Hinterlassenschaften finden würde, die im zweiten Weltkrieg dort runtergefallen sind.

 

Dietmar Kraft (CDU GiGu): Natürlich ist zu sparen und mit dem Geld der Steuerzahler sorgsam umzugehen. Die Schulden von heute sind die zusätzlichen Steuern von morgen. Alle Ausgaben sind daher auf ihre Erforderlichkeit zu prüfen. Hierfür müssen wir die kommenden Haushalte genau beleuchten. Einsparungen dürfen aber nicht die Lebensqualität der Bürger:innen beeinträchtigen. Gegebenenfalls sind Projekte langfristig zu finanzieren und Haushaltsmittel über mehrere Jahre anzusparen.

 

Johanna von Trotha (FDP GiGu): Wir haben in der Vergangenheit einen Antrag eingebracht, der genau diesen Aspekt bei Beschlüssen betrachten soll. Bei Beschlüssen mit finanziellen Auswirkungen soll die Gegenfinanzierung aufgezeigt werden, was bedeutet, dass entweder Einsparungen vorgenommen oder Gebühren angehoben werden müssen. Im aktuellen Haushalt können Personalkosten im Bereich der Musikschule und bei Kulturveranstaltungen bei gleichbleibender Qualität eingespart werden. 

 

Verena Biale (Grüne GiGu): Die Ortsentlastungsstraße habe ich ja schon genannt. Aber allein mit Einsparungen lässt sich kein Haushalt sanieren, vielmehr müssen wir auf die Einnahmeseite blicken. Das heißt: GiGu muss attraktiv sein, um hier zu leben, aber auch als Standort für Unternehmen, die hier Steuern zahlen. Dafür brauchen wir eine gute soziale Infrastruktur – in sie zu investieren, zahlt sich auf Dauer aus. 

 

Carsten Nickel (SPD GiGu): Wir stellen die Kinderbetreuung ein und sparen so jährlich rund 3,5 Mio. € Zuschuss! Nein im Ernst! Weniger als 5 % unseres Haushalts sind frei von uns zu gestalten. Den Rest müssen wir gesetzlich erfüllen und erhalten dafür nicht die nötigen Mittel. Das haben in den letzten fünf Jahren auch der Bürgermeister, Freie Wähler, CDU und FDP schmerzlich erkennen müssen. Gerade zu Finanzfragen ist mehr als 400 erlaubte Zeichen zu sagen. Nachzulesen auf www.spd-gigu2021.de/aktuelles!

 

Jochen Capalo (Freie Wähler GiGu): Jeder Haushalt, der uns vorgelegt wird, wird von uns auf Einsparpotentiale überprüft. „Einfach streichen“ macht aber oft wenig Sinn. Wir sehen noch einige Möglichkeiten im Bereich der Digitalisierung und vor allem in der interkommunalen Zusammenarbeit. Auch die Eigenbetriebe wollen wir effizienter machen. Die Leistungsfähigkeit muss aber erhalten bleiben, sonst zahlen wir am Ende alle drauf.

Verena Scholian

Listenkandidatin von 

Die Linke Mainspitze/Trebur 


Dietmar Kraft

Schatzmeister und Stadtverordneter der CDU GiGu


Johanna von Trotha

Stadtverordnete der FDP GiGu


Verena Biale

Listenkandidatin der Grünen GiGu


Carsten Nickel

Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD GiGu


Jochen Capalo

Stellvertrender Vereins- und Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler GiGu